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Nach christlicher Überlieferung ist Betlehem der Geburtsort Jesu.
 
Nach christlicher Wissenschaft ist Betlehem wahrscheinlich nicht der Geburtsort Jesu.
 
Die christliche Überlieferung beruft sich darauf, dass Betlehem an einigen Stellen im Neuen Testament als Geburtsort Jesu genannt wird.
 
Die christliche Wissenschaft beruft sich darauf, dass im gesamten übrigen Neuen Testament eigentlich nichts dafür spricht, dass Jesus in Betlehem geboren ist. Manches aber würde dagegen sprechen.

 

Bibelkritiker stellt Gruppen vor, die sich für oder gegen Betlehem aussprechen. Im Ergebnis wird sich zeigen, dass Betlehem wohl kaum historischer Geburtsort Jesu gewesen ist.

Bibelkritiker respektiert den Glauben der Christen. Auch in Kenntnis der hier vermittelten Sachverhalte werden Christen weiterhin daran glauben, dass Jesus tatsächlich in Betlehem geboren ist. Sie wissen dann allerdings, dass sie dies gegen gute und allgemein nachvollziehbare Argumente tun.
 
>>> Mehr dazu unter Bibelkritiker

 

Die Überlieferung von Betlehem im Neuen Testament

Das Neue Testament enthält 27 Schriften. Vier davon werden als Evangelium bezeichnet. Die Evangelien erzählen Einzelheiten aus dem Leben Jesu. Nur in zwei von ihnen wird Betlehem als Geburtsort Jesu angegeben. Das sind die Evangelien nach Matthäus und Lukas.

Beide Evangelien haben einen Hauptteil, der mit den andern Evangelien vergleichbar ist. Darin wird das öffentliche Auftreten des erwachsenen Jesus geschildert. Nur bei Matthäus und Lukas gibt es vor diesem Hauptteil noch Geschichten über Herkunft und Kindheit Jesu.

In beiden Evangelien beschränkt sich die Erwähnung Betlehems auf diese einleitenden Geschichten. Es handelt sich dabei um sehr selbständige Kapitel. Sie werden als Vorgeschichten oder Kindheitsgeschichten bezeichnet. Die beiden anderen Evangelien kommen ohne solche Vorgeschichten aus, werden aber dennoch als vollständige Evangelien angesehen.

Der Text bei Matthäus und Lukas nimmt eindeutig Stellung zum Geburtsort Jesu. Bei Matthäus heißt es ausdrücklich, dass Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem geboren wurde (Matthäus 2,1). Bei Lukas wird erzählt, dass Josef mit Maria, die ein Kind erwartete, nach Betlehem zog, und dass Maria dort ihren Sohn gebar (Lukas 2,4-7).
 
>>>Mehr zu diesen Überlieferungen unter Die Betlehemtradition

 

Wissenschaftler bestreiten Betlehem als historischen Geburtsort Jesu

Trotz der klaren Bibelaussagen zur Geburt Jesu in Betlehem gibt es gerade unter christlichen Gelehrten erhebliche Zweifel an der historischen Wahrheit dieser Überlieferung. Vorwiegend protestantische, aber auch katholische Universitätstheologen vertreten die Meinung, dass Jesus wahrscheinlich nicht in Betlehem geboren ist.

Wer sich ein wenig mit dieser Literatur beschäftigt, kann den Eindruck gewinnen, dass Wissenschaftler, die Betlehem noch als den historischen Geburtsort Jesu ausgeben, von ihren Kollegen zwar mit Nachsicht behandelt aber nicht mehr ganz ernst genommen werden. Die große Mehrheit der christlichen Forscher hat sich ganz offenbar für eine Argumentation gegen Betlehem entschieden oder weicht dieser Entscheidung aus.

 

Die Katholische Kirche spricht offiziell weiterhin von Betlehem als dem Geburtsort Jesu

Das Lehramt der Katholischen Kirche behandelt in seinen Veröffentlichungen die biblische Überlieferung zu Betlehem wie eine gesicherte historische Tatsache. Im Katechismus wird Betlehem ohne irgendwelche Zweifel als der Ort genannt, an dem Jesus geboren ist.

Der Katechismus ist die offizielle Darstellung der rechtgläubigen Lehre in der Katholischen Kirche. Zwölf Kardinäle und Bischöfe unter Vorsitz von Kardinal Joseph Ratzinger haben den Entwurf zur jüngsten Ausgabe vorgelegt. Unterstützt wurden sie dabei von weiteren Bischöfen und Fachleuten für Theologie. An der abschließenden Beratung konnten alle katholischen Bischöfe und theologischen Institute teilnehmen. Als Herausgeber des Katechismus bedankte sich 1992 Papst Johannes Paul II. bei allen Beteiligten für die fruchtbare Zusammenarbeit und überragende Einmütigkeit.

Demnach müssten alle katholischen Bischöfe und ihre theologischen Mitarbeiter für Betlehem als eindeutigen historischen Geburtsort Jesu gestimmt haben.

 

Der Papst bezeichnet Betlehem auch mit seinen eigenen Worten als historischen Geburtsort Jesu

Selbstverständlich vertritt der Bischof von Rom die Auffassung des Katechismus. Schließlich hat er diesen Katechismus in Auftrag gegeben, unterzeichnet und mit seiner Autorität als Nachfolger des Apostels Petrus herausgegeben. Wenn Johannes Paul II. in einer Weihnachtsansprache oder bei sonst einer offiziellen Gelegenheit von Betlehem als dem Geburtsort Jesu spricht, dann lässt er keinen Zweifel daran, dass dies für ihn ein historisches Faktum ist.

 

In der Politik wird ebenfalls an Betlehem als Geburtsort Jesu festgehalten

Wenn schon nicht in der christlichen Wissenschaft, so findet der Papst doch wenigstens in der christlichen Politik Unterstützung für seine Auffassung. Auch christliche Politiker weisen gelegentlich in ihren Weihnachtsansprachen auf Betlehem als den Geburtsort Jesu hin. So hat es gerade erst zu Weihnachten 1999 der Präsident der Bundesrepublik Deutschland, Johannes Rau, Sozialdemokrat protestantischer Konfession, im Deutschen Fernsehen getan.

In den Weihnachtsreden anderer Politiker dürften sich in all den Jahren, seit solche Übertragungen Brauch sind, ebenfalls entsprechende Hinweise finden. Ob Politiker damit ihrer Überzeugung Ausdruck geben oder nur nachsprechen, was ihnen vorgelegt wird, wissen wir nicht. Politiker neigen auch in weltlichen Angelegenheiten schon mal dazu, zwischen zweckdienlichen Legenden und historischer Wahrheit nicht allzu scharf zu unterscheiden.

Deutlicher können Politiker werden, wenn es um Betlehem als Stadt in unserer gegenwärtigen Welt geht. Seit 1995 steht Betlehem unter palästinensischer Selbstverwaltung. Der Präsident des palästinensischen Autonomierates, Yassir Arafat, spricht sich deutlich für Betlehem als historischen Geburtsort Jesu aus. Das geht aus dem Vorwort zu einem Buch über Betlehem hervor, das zum Jubiläumsjahr 2000 erschienen ist. Neben Arafat äußert sich im selben Buch auch der deutsche Politiker Hans-Jürgen Wischnewski. Er schreibt ausdrücklich, dass Jesus Christus in Betlehem geboren ist.

 

Palästinenser haben großes wirtschaftliches Interesse an Betlehem

Neben religiösen und politischen Interessen gibt es ein beachtliches wirtschaftliches Interesse daran, dass Betlehem weiterhin als historischer Geburtsort Jesu gilt. Dieses - durchaus legitime - Interesse geht von all den Leuten aus, die möglichst viele Touristen in Betlehem sehen möchten.

Betlehem liegt heute auf palästinensisch verwaltetem Gebiet. Die Stadtbevölkerung setzt sich zu etwa 40% aus Christen und etwa 60% aus Muslimen zusammen. Sie führen gemeinsam die politischen und wirtschaftlichen Geschäfte. Für beide Gruppen und beide Geschäfte ist es nützlich, wenn Betlehem weiter als historischer Geburtsort Jesu bezeichnet wird. Es ist daher naheliegend, dass die Bewohner der Region Betlehem eine ganz eindeutige Meinung zum Geburtsort Jesu vertreten.

 

Einige freie Schriftsteller sehen sich als Anwälte für Betlehem

Neben den kirchlichen Autoritäten gibt es freie Forscher, Prediger oder Schriftsteller, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, jede Unstimmigkeit innerhalb der Bibel aufzugreifen und zu beweisen, dass es sich nur scheinbar um Unstimmigkeiten handelt. Für sie ist die Bibel bis in jede Einzelheit ein von Gott gewolltes und gesteuertes Werk. Hinter jeder Aussage steht göttliches Allwissen. Deshalb konnte kein Evangelist einen Fehler machen oder gar bewusst von der Wahrheit abweichen, auch nicht von der historischen. Die Bibel ist also selbst in historischen Details irrtumsfrei.

Nach Meinung dieser Anwälte der absoluten Wahrheit enthält die Heilige Schrift niemals eine falsche Aussage. Folglich muss es für alles, was nach Fehler aussieht, bei näherem Hinsehen und sachverständigem Nachdenken eine vernünftige Erklärung geben. Da die Bibel sich eindeutig für Betlehem als den Geburtsort Jesu ausspricht, muss Betlehem auch der historische Geburtsort Jesu gewesen sein.

 

Historiker halten nichts von Betlehem als Geburtsort Jesu

Das Interesse daran, ob Jesus in Betlehem geboren ist, scheint bei Historikern nicht sehr ausgeprägt zu sein. Sie überlassen offenbar die Forschung dazu gerne den Theologen und übernehmen dann deren Ergebnisse. So kommt es, dass bei Historikern dieselben Argumente und Aussagen zu finden sind wie bei den Theologen.

Vielleicht übernehmen Historiker auch deshalb die Ergebnisse, weil sie sehen, dass maßgebliche Theologen seit einiger Zeit historisch kritische Methoden verwenden und deshalb annehmen, dass hierbei ebenso sachlich wie fachgerecht vorgegangen wird. Im Ergebnis stehen die Historiker auf der Seite der Universitätstheologen, die Betlehem eher nicht für den Geburtsort Jesu halten. Die Ansicht des Papstes und der Apologeten findet bei Historikern wenig Gehör.

Es fällt allerdings auf, dass Historiker an Jesus Christus überhaupt wenig Interesse zeigen. Ein bereits in 11. Auflage im Deutschen Taschenbuch Verlag erscheinendes "Wörterbuch Geschichte" mit über 5200 Einträgen nennt weder "Jesus" als Stichwort noch "Christus", geschweige denn "Betlehem".

Ein umfangreiches Geschichtswerk im Fischer Taschenbuch Verlag widmet der Mittelmeerwelt im Altertum vier und dem Islam immerhin zwei Bände, darin ein eigenes Kapitel über den Propheten Mohammed. Von den vier Mittelmeerbänden haben zwei Bände Bezug zur Zeit Jesu. Auf diesen mehr als 700 Seiten wird Jesus jedoch nur gelegentlich und auch nur beiläufig erwähnt. Ein eigenes Kapitel gibt es weder über ihn noch über das Christentum. Betlehem ist in diesen Bänden nicht erwähnt.


Der Name Betlehem wird in der christlichen Literatur unterschiedlich geschrieben, mal - wie hier - mit "t" und mal mit "th".
 
>>> Näheres dazu unter Betlehem und Nazaret

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